Lehre am Deutschen Institut

SFNL I/II: Zur Geschichte und Gegenwart des Anachronismus in der Literatur

Dozent:innen: Dr. Johannes Ullmaier
Kurzname: SFNL I/II
Kurs-Nr.: 05.067.778
Kurstyp: Seminar

Inhalt

Wenn E.T.A. Hoffmann sein Fräulein von Scuderi in der gleichnamigen Erzählung (von 1818) im Handlungsjahr 1680 an einem Roman arbeiten lässt, den ihr reales Vorbild Madeleine de Scudéry damals längst, nämlich schon 1660, veröffentlicht hatte, mag das womöglich ein Versehen sein und – zumal vollkommen nebensächlich – kaum jemandem auffallen. Wenn Mark Twain dagegen in einem Roman von 1889 einen damals zeitgenössischen Yankee an den Hof von König Artus ins Jahr 528 zurückversetzt, so ist das nicht nur offensichtlich Absicht, sondern als zeitfiktionale Konstruktion zur Veranschaulichung der Ungleichzeitigkeit von amerikanischer Moderne und britannischem Mittelalter die basale Werkidee.

Anachronismen können also ungewollt oder gewollt auftreten, unmarkiert oder markiert, zentral bis peripher; noch dazu in allen Gattungen und Medien. Immer aber geht es dabei um ein handlungsinternes Zugleich-Sein von epochal Ungleichzeitigem. Dafür müssen die ungleichzeitigen Elemente allerdings zeitlich und realgeschichtlich so klar situiert sein, dass ihre Divergenz Kontur gewinnen kann. Ohne Linearität keine Chronologie. Und ohne Chronik kein Anachronismus.

Das Seminar folgt dem damit angezeigten Weg von der Analyse einzelner Anachronismen zur Frage nach dem jeweils zugrundeliegenden Geschichts- bzw. Zeitverständnis. So sollen an ausgewählten Beispielen die wichtigsten Typen, Wirkungen und ggf. Wirkungsabsichten von Anachronismen erarbeitet werden, um auf dieser Basis dann jeweils präziser nach den allgemeinen Implikationen fragen zu können – etwa nach Grad und Gründen für die Asymmetrie von Vergangenheits- und Zukunftsanachronismen; nach den Korrespondenzen zwischen ästhetisch generierter bzw. erlebter Ungleichzeitigkeit einerseits und realhistorisch-lebensweltlicher (wie Ernst Bloch sie 1936 in „Erbschaft dieser Zeit“ am Beispiel des Faschismus analysiert hat) andererseits; oder schließlich nach der Abgrenzung von omni-temporalen Entwürfen, wo (wie z.B. in Dantes „Göttlicher Komödie“) Personen aus verschiedenen Epochen und Realitätssphären zugleich erscheinen können, ohne dass zu sagen wäre, wer hier ‚zu früh’ oder ‚zu spät’ ist.

Die endgültige Textauswahl wird in der ersten Sitzung festgelegt.

Termine

Datum (Wochentag) Zeit Ort
20.04.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
27.04.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
04.05.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
11.05.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
18.05.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
25.05.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
01.06.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
08.06.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
15.06.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
22.06.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
29.06.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude
06.07.2018 (Freitag) 14:15 - 15:45 01 491 P110
1141 - Philosophisches Seminargebäude