Lehre am Deutschen Institut

SFAL I/II: Gabe, Tausch, Raub: Aneignungsszenarien in mittelalterlicher Literatur

Dozent:innen: Marco Lehmann
Kurzname: SFAL I
Kurs-Nr.: 05.067.770
Kurstyp: Seminar

Empfohlene Literatur

Wir steigen mit einem Durchgang durch das Nibelungenlied ein; schaffen Sie sich bitte eine Ausgabe an, sofern Sie noch keine besitzen! Weitere Textauszüge werden zur Verfügung gestellt.

Zur Einführung:
Iris Därmann: Theorien der Gabe zur Einführung. Hamburg 2010.

Inhalt

Parzival entreißt - die Spielregeln höfischer Liebeskommunikation gründlich missverstehend - der ersten Dame, der er auf seinem Weg begegnet, kurzerhand einen Ring und eine Brosche; letztere tauscht er alsbald gegen eine Übernachtung ein. Wenig später macht ihm König Artus eine Rüstung zum Geschenk, die die diesem gar nicht gehört. Hagen tötet Siegfried nicht nur hinterrücks, sondern nimmt anschließend auch dessen Schwert an sich; letztlich wendet sich diese Waffe aber gegen ihn. Inmitten des Blutbads an Etzels Hof lässt er sich zudem von Rüdiger, der sich auf die Gegenseite schlagen musste, dessen Schild schenken und steht dann, um diese Gabe zu ehren, im folgenden Kampf beiseite. Während Iwein dem Wahnsinn verfallen ist, entspinnt sich zwischen ihm und einem Einsiedler ein reger Tauschhandel, der zwar die Ernährungslage der beiden Waldbewohner verbessert, jedoch mitnichten schon dazu führt, dass der Romanheld wieder zu sich selbst findet.
Wie diese und ähnliche Episoden veranschaulichen, flaggt die mittelalterliche Literatur immer wieder Szenarien als bedeutsam aus, in denen es wesentlich darum geht, dass Gegenstände (oder auch Tiere) den Besitzer wechseln. Der Möglichkeit, solche Transaktionen im Medium des Geldes zu vollziehen, Güter also gegen Bezahlung zu erwerben, wird dabei allenfalls eine Nebenrolle zugewiesen. Zentralen Stellenwert räumen die Texte hingegen - auf politischem nicht weniger als auf amourösem Terrain - dem Modus der Gabe ein, wie er seit dem epochemachmachen Essai sur le don (1923/24) des Ethnologen Marcel Mauss generell einen Brennpunkt kulturwissenschaftlicher Forschung bildet. Nimmt man entsprechende Konstellationen in den Texten genauer unter die Lupe, so gewinnt man den Eindruck, dass die soziale, Bindungen und Verpflichtungen kreierende Geste des Schenkens in ihnen häufig gerade in ihrer Beziehung zum Tausch einerseits, zu Raub respektive Diebstahl andererseits problematisiert wird. Die Grenzen zwischen diesen verschiedenen Formen der An- und Übereignung werden dann etwa als unscharf in den Blick gebracht; nicht selten werden die entsprechenden Aktionstypen auch auf der Plotebene aneinandergeschlossen beziehungsweise geradezu in ein Bedingungsverhältnis gesetzt. Im Seminar wollen wir Szenarien des Raubens, Tauschens und Gebens daraufhin befragen, was sich aus ihnen über mittelalterliche Kultur und Literatur lernen lässt, und insbesondere den skizzierten Überlappungen und Verkettungen zwischen diesen Formen des Besitzerwechsels nachgehen.

Termine

Datum (Wochentag) Zeit Ort
18.04.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
25.04.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
02.05.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
09.05.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
16.05.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
23.05.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
30.05.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
06.06.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
13.06.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
20.06.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
27.06.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
04.07.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
11.07.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz
18.07.2023 (Dienstag) 14:15 - 15:45 00 008 SR 06
9125 - Bausparkasse Mainz