Morgen war Deadline. Tempus und Zeit in Sprache und Dichtung

Wintersemester 2022/23

Dass Tempus und Zeit etwas miteinander zu tun haben, ist auf den ersten Blick banal. Fragt man aber, was genau, wird es kompliziert: Manche Tempusformen – allen voran das Präsens – haben mehrere, teils sehr verschiedene Funktionen. Auch kann der zeitliche Charakter einzelner Tempusformen je nach Sprache differieren und unterliegt teils selbst zeitlichem Wandel. Zudem kann die Temporalität des Tempus stark von anderen Faktoren abhängen, seien es Temporaladverbien, syntagmatische Implikaturen oder Zeitstrukturen in den Verben selbst; und nicht zuletzt auch von generischen oder medialen Kontexten wie in der Dichtung vor allem bei Lyrik und in fiktionalen Erzählungen, wo offenbar teils andere, zeitweise prominent und heftig diskutierte, aber bis heute nicht ganz klare Regeln gelten.
Ziel des fachteilübergreifenden Seminars ist es, die derzeit nur in Ansätzen vermittelten Diskussionsstände zur Tempustheorie in der linguistischen Forschung einerseits sowie in der Literaturwissenschaft bzw. Narratologie andererseits jeweils zu rekonstruieren, anhand von Elementarbeispielen zu erproben und im besten Fall wechselseitig zu erhellen. Als Hilfsmittel können dabei zeitgrafische Repräsentationen dienen.