Arno Holz

Sommersemester 2010

Die Literaturgeschichte kennt Arno Holz (1863-1929) primär – und manchmal nur – als Pionier des deutschen Naturalismus. Diesen prägte er wie sonst nur Gerhart Hauptmann, ob in der Prosa („Papa Hamlet“, 1889, mit Johannes Schlaf), im Drama („Die Familie Selicke“, 1889/90, dito) oder als Programmatiker („Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze“, 1891). Mindestens ebenso eindrücklich, wenn auch weniger geläufig, ist dagegen seine weitere Entwicklung: Mit dem 1886 in der Gedichtsammlung „Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen“ aufkeimenden und dann ins immer Gigantischere expandierenden „Phantasus“-Kosmos (vgl. die Ausgaben von 1898/99, 1913, 1925 und – posthum – 1961/2) führt eine ihrer beiden Hauptbewegungen direkt in die Avantgardemoderne der expressionistischen Wortkunst und des „Sturms“, während die andere parallel dazu in großangelegten Literaturbetriebs- bzw. Epochen-Pastiches wie „Die Blechschmiede“ (1902 ff.) oder „Dafnis“ (1904) Verfahren auf die Spitze treibt, die heute meist als „postmodern“ gelten. Im Verhältnis von Werk und Zeitgenossenschaft entfaltet Holz so ein extremes Spektrum: vom totalen In- und Vorn- bis zum totalen Out-Sein und von engster Gegenwartsfokussierung bis zum Ausblick in andere Jahrhunderte oder gar Äonen wie im „Phantasus“, dessen meistzitierten Verse lauten: „Sieben Billionen Jahre vor meiner Geburt / war ich eine Schwertlilie...“