Carl Einstein

Wintersemester 2014/15

Unter allen verschlungenen Werk- und Lebensspuren der klassischen Avantgarde zählt die von Carl (nicht Albert) Einstein zu den dichtesten. Aus einem jüdischen Elternhaus in Neuwied führt sein Weg über Karlsruhe nach Berlin und Paris, 1912 mit „Bebuquin“ zum Gründungsakt der deutschen Avantgarde-Prosa, weiter zu den Pionieren des Kubismus Braque und Picasso, zur afrikanischen Kunst („Negerplastik“, 1915; später ergänzt um: „Afrikanische Plastik“, 1921, und die Sammlung „Afrikanische Märchen und Legenden“, 1925), zum Expressionismus um Franz Pfemferts Zeitschrift und Bewegung „Die Aktion“; dann in den ersten Weltkrieg, ins Gemetzel vor Verdun, später nach Belgien, in die Wirren der Novemberrevolution, gleich danach in die Berliner Spartakuskämpfe, zum agitatorischen Dadaismus („Der blutige Ernst“, „Die Pleite“), dann in einen unheiligen Gotteslästerungsprozess um sein Drama „Die schlimme Botschaft“ (1921), endlich zum Durchbruch als renommierter Autor mit seiner heute klassischen Studie „Die Kunst des 20. Jahrhunderts“ (erstmals 1926); später über Italien und die Schweiz wieder nach Paris, das nach 1933 zum Exil wird; weiter in den spanischen Bürgerkrieg zu den Anarcho-Syndikalisten unter Durruti, wieder zurück nach Frankreich, zur Internierung und 1940, mit 55 Jahren, schließlich in den Freitod angesichts der ausweglosen Lage.
Dem Dichter, Theoretiker und Menschen Einstein gemeinsam auf die gleichermaßen epochale wie singuläre Spur zu kommen, ist das Vorhaben des Seminars.