Das Sonett

 

Sommersemester 2011

Nicht umsonst gilt das Sonett als Inbegriff formaler Strenge in der Dichtung: vierzehn gleichartige Verse, gruppiert zu zwei Quartetten und zwei Terzetten, Reimschema idealtypisch: abba abba ccd eed. Bloß nach Gefühl läuft da nicht viel.
Seit seiner weltliterarischen Etablierung durch Dante, Petrarca und Shakespeare sehen die einen im Sonett die Königsdisziplin der Poesie, die zwar immer neu zu meistern, im Kern aber perfekt und ewiggültig sei, während andere – auch ganze Epochen – es als Prokrustes-Bett für lyrische Masochisten schmähen oder ignorieren. So oder so hat das Sonett seine Faszination nie eingebüßt, erfährt laufend aktuelle Interpretationen, gibt Hoffnungslosen Halt, lockt aber auch Pedanten.
Nach einem Blick auf die Entstehung und die internationalen Vorbilder wird das Seminar die Geschichte des deutschsprachigen Sonetts an ausgewählten Beispielen von den frühesten Adaptionen im 16. Jahrhundert über die erste, größte Blüte im Barock und die Wiederaufnahmen bei Gottfried August Bürger, in der Romantik, im weiteren 19. Jahrhundert und in der Moderne bis in die Gegenwart hinein verfolgen, quer durch alle Konjunkturwechsel, Erschöpfungen, Neuansätze und – nicht zuletzt – auch Formparodien.