Handlungszeit und Medienzeit

Wintersemester 2019/20

Wo immer ein Geschehen durch ein Medium vermittelt wird, gleich ob in einer Alltagserzählung, einem Geschichtsbuch oder Roman, einer Theaterkomödie, einer Netflix-Serie oder einem Ego-Shooter, trennen sich mindestens zwei Zeiten: die des vermittelten Geschehens, traditionell: der Handlung, und die des darstellenden Mediums. In der Textnarratologie traditionell: „erzählte Zeit“ und „Erzählzeit“.
Genau besehen reicht eine Zweiteilung jedoch so gut wie nie aus, um zu erfassen, wie ein Medium welche Form von Handlungszeit(en) in welche Form von Medienzeit(en) transferieren bzw. transformieren und dort ‚wiedergeben‘, zeigen, gliedern, umstellen, überspringen, umkehren, zersplittern, be- oder entschleunigen, symbolisieren, abstrahieren, indizieren, implizieren, bezeichnen usw. kann, oder eben nicht bzw. nur per Umweg oder Trick.
Das Seminar dient dem Versuch, durch den exemplarischen Vergleich verschiedener Gattungen und Medien eine allgemeine Perspektive auf die Problemlage zu entwickeln. Dazu soll in den Bereichen narrativer Text, (Live-)Bühnenstück, Spielfilm und TV-Serie sowie (Computer-)Spiel jeweils ein möglichst klassisch-traditionelles bzw. normgerecht funktionierendes sowie ein möglichst avanciertes bzw. normbrechend herausforderndes Beispiel untersucht und im Kontext einer begleitend herauszuarbeitenden Typologie möglicher Zeitrelationen positioniert werden.
Eine kommentierte Vorschlagsliste wird eingangs unterbreitet, kann aber gern um einschlägige Alternativen ergänzt bzw. modifiziert werden. Diese wären in der ersten Sitzung so prägnant zu charakterisieren, dass darüber zu entscheiden ist.