Jean Améry

Sommersemester 2009

Mit seiner 1966 zunächst für das Radio produzierten Essay-Folge „Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten“ hat Jean Améry (1912-1978) einen, wenn nicht den Jahrhunderttext zur Erfahrung und zum Wesenskern der Folter geschrieben. In der Folge wurde er so primär durch seinen epochalen Rang als Gegner, Opfer, Überlebender und Analytiker des Naziterrors definiert und rezipiert, tendenziell aber auch darauf reduziert.

Umso nachdrücklicher lädt die unlängst abgeschlossene erste Werkausgabe, obschon nicht vollständig, nun dazu ein, Jean Améry breiter zu entdecken und neben der unvermindert – und so auch im Seminar – zentralen Spur seiner existenziellen Essays „Jenseits von Schuld und Sühne“, „Über das Altern. Revolte und Resignation“ (1968) und „Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod“ (1976) auch weniger bekannte, das Bild des Autors und seiner Epoche aber charakteristisch ergänzende Sammlungen wie „Unmeisterliche Wanderjahre“ (1971) oder „Örtlichkeiten“ (posthum 1980) in den Blick zu nehmen; ferner – wie aus literaturwissenschaftlicher Perspektive ohnehin geboten – Amérys erzählerisches Werk, vor allem den bei Erscheinen überaus zwiespältig aufgenommenen Roman „Lefeu oder Der Abbruch“ (1974).

 

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