Kaspar Hauser

 

Wintersemester 2012/13

Seit der historische Kaspar Hauser im Frühjahr 1828 mit einer wohl nie mehr ganz zu klärenden Vorgeschichte in Nürnberg auftauchte und 1833 unter wohl nie mehr ganz zu klärenden Umständen in Ansbach zu Tode kam, hat sich der Fall des merkwürdigen Findlings und Außenseiters so zum Mysterium verselbständigt, dass jede weitere gelehrte Studie, künstlerische Adaption, TV-Doku, Grabuntersuchung oder DNA-Analyse ihn nur noch mysteriöser macht.
Aufgabe des Seminars kann es daher nicht sein, Hausers Rätsel doch noch irgendwie zu lösen oder ihn auf eine der gängigen Charakterisierungen als Wolfsmensch, Hofintrigen- oder Gesellschafts-Opfer, Irrer, Gottgesandter und/oder Betrüger festzuklopfen. Aussichtsreicher scheint es, die Eigendynamik der Deutungsgeschichte durch die verschiedenen Epochen, Gattungen und Medien hindurch zu verfolgen und daran exemplarisch zu studieren, wie sich auch in historischer Zeit noch Mythen bilden können. Neben zeitgenössischen Original-Dokumenten (Feuerbach, Daumer, Stanhope, Merker) sollen dabei vor allem literarische Gestaltungen des Stoffes behandelt werden, und zwar sowohl lyrische (Paul Verlaine, Georg Trakl, Klabund), epische (Jakob Wassermann) wie dramatische (Peter Handke); ferner ausgewählte Filmadaptionen (Werner Herzog, Peter Sehr). Die endgültige Auswahl erfolgt gemeinsam in der ersten Sitzung.