SFNL: Erlebte Rede – Innerer Monolog
Dozent:innen: Dr. Johannes UllmaierKurzname: SFNL
Kurs-Nr.: 05.067.778
Kurstyp: Seminar
Empfohlene Literatur
Quellen:- Benn, Gottfried: Gehirne. Hg. v. Jürgen Fackert. Stuttgart: Reclam 1986.
- Schnitzler, Arthur: Fräulein Else. Textausgabe mit Kommentar und Materialien. Hg. v. Sabine Wolf. Ditzingen: Reclam 2021.
Forschung:
- Gomes, Mário: Gedankenlesemaschinen. Modelle für eine Poetologie des Inneren Monologs. Freiburg: Rombach 2008.
- Lahn, Silke/Meister, Jan Christoph: Einführung in die Erzähltextanalyse. 3. akt. u. erw. Aufl. Stuttgart: Metzler 2016.
- Martínez, Matías/Scheffel, Michael: Einführung in die Erzähltheorie. 10., überarb. und aktual. Aufl. München: C.H. Beck 2016.
- Müller, Wolfgang G.: „Innerer Monolog“. In: Moderne Literatur in Grundbegriffen. Hg. von Dieter Borchmeyer u. Viktor Zmegac. 2., neu bearb. Aufl. Tübingen: Niemeyer 1994, S. 208–211.
- Niehaus, Michael: „Ich, die Literatur, ich spreche …“ Der Monolog der Literatur im 20. Jahrhundert. Würzbug: Königshausen & Neumann 1995 (= Epistemata. Reihe Literaturwissenschaft; 140).
- Neuse, Werner: Geschichte der erlebten Rede und des inneren Monologs in der deutschen Prosa. New York [u.a.]: Lang 1990 (= American university studies. Ser. 1; 88).
- Vogt, Jochen: Aspekte erzählender Prosa. Eine Einführung in Erzähltechnik und Romantheorie. 11., aktual. Aufl. Paderborn: Fink 2014.
- Wolf, Schmid: „Bewusstseinsdarstellung“. In: Annual Review of the Faculty of Philosophy 42 (2017) H. 1, S. 67–96.
Inhalt
Angefangen hatte der Beschreibungstext noch ganz normal. Buchstaben gruppierten sich zu Wörtern, diese fügten sich zu Sätzen. Allerdings hatte die Kursankündigung, wie sich schon bald, spätestens jetzt, herausstellte, den eigenen Beginn, die eigene Struktur und den realen Leseakt zum Inhalt. Sie erzählte sich gewissermaßen selbst. Was in dieser Gattung eher ungewöhnlich war. Noch seltsamer wurde es, als der Text plötzlich so tat, als mache er sich seine eigenen Gedanken, wie eine menschliche Erzählinstanz. Als Erstes fiel ihm dabei auf, dass das real nicht ging, in der Fiktion aber durchaus. Und so überlegte er, wie er wohl weitergehen könnte. Obwohl, sollte er das überhaupt? War er nicht schon viel zu lang? Und war das, was er da so vor sich hindachte, womöglich schon Erlebte Rede? Ja, ganz sicher, weil: Keine andere Seminarerläuterung würde so klingen, das musste wirklich ihre eigene Gedankenstimme sein. Aber könnte sie dann nicht auch, wenn schon, denn schon, gleich aus dem Präteritum zum Präsens und vom ‚sie‘ zum ‚ich‘ wechseln? Reicht das etwa schon, um mich zum Inneren Monolog zu machen? Echt jetzt? Muss ich dafür nicht auch so schnell denken, wie man das hier liest? Also das Konzept des ‚Zeitdeckend-Erzählens‘ zeitdeckend erzählen? Aber wie denn? Oder eher: Wie denn nicht? Denn so läuft es hier doch längst. Das Problem ist eher: Denkt denn überhaupt jemand so buchstäblich wie ich bis jetzt? So durchgängig und fehlerfrei, mit nur paar oralen Alibis, um zu übertünchen, dass das gar keine spontane Denkbewegung ist, sondern ein gemachter Text, statt in Wirklichkeit eher doch Fetzen ohne Punkt und Komma einfach wie es kommt auch Wiederholungen und Fehlversuche Abbrüche und Wiederholungen... hm, nee... ja... selten überhaupt in Sprache... meist mehr ein Bewusstseinsstrom aus irgendwelchen Eindrücken... tja... Schweinfurt... und oft gar kein Strom... nur Splitter... eine Stimmung... oder gar nix... [Sendepause]Nicht ohne Grund versucht man in der Narratologie, die Möglichkeiten der Gedankenwiedergabe möglichst scharf und analog zu den Erzählmodi oraler Äußerungen zu umreißen, konkret etwa zu ‚direkter‘ und ‚indirekter‘ Rede („Ich sagte / dachte: ‚Das ist alles.‘“ bzw. „Ich sagte / dachte, das sei alles.“). Didaktisch kann das auch sehr hilfreich sein. Genau besehen sind die Parallelen jedoch begrenzt. Zudem erweisen sich die Übergänge in der Praxis oft als fließend. Nicht nur findet man neben den Idealtypen ‚Erlebte Rede‘ (heterodiegetisch/episches Präteritum) und ‚Innerer Monolog‘ (autodiegetisch/Präsens) auch andere Kombinationen in vergleichbarer Funktion (etwa auch heterodiegetisch/Präsens: „Muss sie sich das noch lang anhören? Nein, sie kann ja einfach gehen.“), sondern auch die Abgrenzung vom ‚Stream of Consciousness‘ macht seit jeher Schwierigkeiten: Ist das bloß die englische Bezeichnung für ‚Innerer Monolog‘ oder eine Extremform des letzteren wie auch von Erlebter Rede? Ähnliche Interferenz-Fragen stellen sich, wenn auch anders gelagert, im Verhältnis von ‚Erlebter Rede‘ zum französischen ‚style indirect libre‘.
Ziel des Kurses ist es, sich anhand ausgewählter Theorieauszüge und überschaubarer Erzähltexte – darunter Gottfried Benns „Gehirne“ (1916) und Arthur Schnitzlers „Fräulein Else“ (1924), aber auch neuerer und gegebenenfalls selbstproduzierter – gemeinsam zu verdeutlichen, welche formalen, stilistischen und inhaltlichen Merkmale die kanonischen Varianten textmimetischer Gedankenrepräsentation jenseits des direkten bzw. indirekten Zitates („P. dachte: ‚Das ist aber schön.‘“ / „P. dachte, das sei aber schön.“) verbinden respektive unterscheiden, wann und warum sie historisch auftreten und wie sie aktuell verwendet werden.
Termine
Datum (Wochentag) | Zeit | Ort |
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16.04.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
23.04.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
30.04.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
07.05.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
14.05.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
21.05.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
28.05.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
04.06.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
11.06.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
18.06.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
25.06.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
02.07.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
09.07.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |
16.07.2025 (Mittwoch) | 16:15 - 17:45 | 01 411 P101 1141 - Philosophisches Seminargebäude |