Lehre am Deutschen Institut

SDES: Linguistische Untersuchungen zur sprachlich-kommunikativen Konstruktion des Konzepts "Mann/Männlichkeit" auf Social Media (Projektseminar)

Dozent:innen: Paul Reszke
Kurzname: SDES
Kurs-Nr.: 05.067.964
Kurstyp: Seminar

Inhalt



Marinelli Lauter Bewunderung! – Und wem ist es nicht bekannt, gnädige Gräfin, daß Sie eine Philosophin sind?
Orsina […]  Ja, ja, ich bin eine. […] Ist es wohl noch Wunder, daß mich der Prinz verachtet? Wie kann ein Mann ein Ding lieben, das, ihm zum Trotze, auch denken will? Ein Frauenzimmer, das denkt, ist ebenso ekel als ein Mann, der sich schminket. Lachen soll es, nichts als lachen, um immerdar den gestrengen Herrn der Schöpfung bei guter Laune zu erhalten.


Aus: Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti, IV, 3 (1772)

 
A woman’s value is directly proportional to her beauty and femininity.
Aus: Andrew Tate, Gesammelte Werke, X (2024)

 
Zwischen beiden Zitaten liegen über 250 Jahre, trotzdem zeichnen beide trotz (westeuropäischer) Aufklärungs-, Emanzipations- und Feminismusbewegungen den „Mann“ in gleicher Weise als das Maß, an dem sich alle anderen Geschlechter zu orientieren haben. Während Lessing klarere Kriterien für die Frau in Abgrenzung zum Mann nennt (nicht denken, nur lachen, und, ach ja: Liebe Männer, bitte nicht schminken), ist Tates Zitat kürzer und (scheinbar) pointierter: Ein schlichter Aussagesatz, der erstens setzt, dass Frauen einen messbaren Wert haben, und zweitens verschleiert, aber implizit voraussetzt, dass es wohl ein Mann sein müsse, der die (hier nur als klar präsupponierten „Werte“) Schönheit und Femininität ermisst.

Nicht zu unterschätzen für die Wirksamkeit beider Zitate ist aber natürlich auch, wer sie in welchem Kontext über welches Medium an wen kommuniziert: Die basalen Fragen der linguistischen Pragmatik. Lessings Bühne ist – zumindest für die Uraufführung – das Herzogliche Opernhaus in Braunschweig, pünktlich zum Geburtstag der hochgebildeten vierten Tochter des damaligen Königs von Preußen, Philippine Charlotte. Insofern kann man hinter dem Zitat auch Selbstironie und Reflexion der zeitgenössischen gesellschaftlichen Werte zumindest vermuten. Andrew Tates Bühne ist Social Media, die Bubble der so genannten Manosphere, in der Begriffe wie Sigma Male oder Tradwife ganze Lebensmodelle entwerfen und – wie das obige Zitat – zu Norm und Normalität überhöhen.

All das sind kommunikative Prozesse, durch die wir das Gewebe unserer Gesellschaft gemeinsam stricken, aber eben auch verzerren können. Mit Methoden der Pragmatik, Medien-, Sozio- und Genderlinguistik wollen wir im Seminar diese Prozesse verstehen lernen und nachzeichnen.
 
In der ersten Phase des Seminars werden wir zunächst einige Fachtexte aus diesen Fachgebieten lesen, die darin genutzten Erkenntnisse und Methoden auf einzelne Social Media-Auszüge anwenden und uns so einen Werkzeugkasten erarbeiten, mit dem Sie dann selbstständig ein kleines Forschungsprojekt durchführen können. Sie können sich dabei verschiedenste Aspekte aussuchen: Bestimmte Influencer*innen, Bubbles, bestimmte Plattformen, aber gerne auch Aspekte wie queere Genderkonzeptionen oder feministische (und) populärwissenschaftliche Gegenpositionen.

Ich unterstütze Sie dabei mit weiteren Hinweisen und Sie haben in den Sitzungen Zeit, Ihr Projekt zu entfalten. Am Ende präsentieren Sie sich wechselseitig Ihre Ergebnisse. Sollten Sie weitere Fragen zum Ablauf des Seminars haben, schreiben Sie mir gerne.

Termine

Datum (Wochentag) Zeit Ort
17.04.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
9125 - Bausparkasse Mainz
24.04.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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08.05.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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15.05.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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22.05.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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05.06.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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12.06.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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26.06.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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03.07.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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10.07.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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17.07.2025 (Donnerstag) 14:15 - 15:45 00 003 SR 07
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