Lessing, Laokoon

Wintersemester 2017/18

Bis heute ist Gotthold Ephraim Lessings Abhandlung „Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie“ (1766) historisch wie systematisch von gleichermaßen überragendem Interesse. Historisch, weil sich in ihr die zentralen Fragen der ästhetischen Debatte des 18. Jahrhunderts – etwa nach der Nachahmung/Mimesis, dem Verhältnis zur Antike, den Grenzen des Darstellbaren oder den Möglichkeiten von Illusionierung – kristallisieren und im zeitgenössischen Kontext (u.a. Shaftesbury, Baumgarten, Burke, Dubos, Winckelmann, Diderot und Mendelssohn bis hin zu Goethe) exemplarisch diskutieren lassen. Systematisch dagegen vor allem deshalb, weil mit den von Lessing vertretenen – und bald von Herder wuchtig kritisierten – Thesen zur medien- bzw. rezeptionsspezifischen Zeitstruktur verschiedener Kunstgattungen ein Fundamentalproblem pointiert wurde, dessen Wirkungen und Reflexion das Gattungs- bzw. Mediensystem seither begleiten und das mit jeder weiteren Entwicklung bis in die jüngste Computerspiel-Evolution stets neu akut wird.
Dementsprechend gliedert sich die Übung in zwei Phasen: Die erste dient der gemeinsamen Annäherung an Lessings historische Position mit dem Ziel einer möglichst adäquaten Rekonstruktion seiner im Doppelsinn zeitbezogenen Befunde. Darauf aufbauend werden in der zweiten Phase deren Potentiale diskutiert und an ausgewählten Beispielen bis zur Gegenwart kritisch erprobt.
Textgrundlage ist die von Friedrich Vollhardt herausgegebene Reclam-Studienausgabe von 2012 (inkl. der essentiellen „Paralipomena“).