Satirische Literatur der Gegenwart

 

Sommersemester 2012

Damit es in einem Gemeinwesen Satire geben kann, darf es nicht zu perfekt sein. Denn was wäre dann zu kritisieren oder zu belachen? Es darf aber auch nicht so verkommen sein, dass es jeden Fingerzeig darauf gleich unterbinden muss.
Die BRD liegt derzeit offenbar gut in der Mitte, gibt es in ihr doch genug zu verspotten und zugleich reichlich Leute, die das regelmäßig tun: in Artikeln, Kolumnen, Glossen, Essays, Comics und Cartoons, im Druck, live, auf CD und DVD, off- und online, gelegentlich oder im festen Turnus, an prominenten oder abgelegenen Orten, Ross und Reiter nennend oder mehr ins Allgemeine, polemisch oder heiter, alltagsnah oder bizarr, mit dem Florett oder der Nilpferdpeitsche, versöhnlich oder unversöhnlich.
Obwohl diese Autorinnen und Autoren viel und gern rezipiert werden, oft auch eine treue Fangemeinde haben, finden sie in der Literaturwissenschaft – anders als manche ihrer Vorläufer wie Karl Kraus oder Kurt Tucholsky – bislang wenig Beachtung. Das Seminar möchte anhand exemplarischer Print- und Audiobeispiele eine Bestandsaufnahme der wichtigsten literarisch-satirischen Gegenwartsdiagnostik und ihrer Schreibverfahren unternehmen, wobei der Akzent weniger auf der schimpfenden (Juvenal) als auf der emulierenden Satire (Lukian) liegen soll. Behandelt werden Texte von Max Goldt, Wiglaf Droste, Thomas Kapielski, Sibylle Berg, Fritz Tietz, Michael Stein, Fanny Müller, Gerhard Henschel, Leo Fischer u.a. Die endgültige Auswahl erfolgt gemeinsam in der ersten Sitzung. Vorschläge sind willkommen.